Medizinische Wearables in klinischen Studien: Herausforderungen und Chancen

Medizinische Wearables in klinischen Studien: Herausforderungen und Chancen

DATUM

31. März 2022

AUTOR

Tereza | Senior Customer Success Manager

Wearables wurden ursprünglich für das Lifestyle-Segment entwickelt – etwa als Fitnessuhr, AR-Brille oder intelligente Ohrhörer. Doch auch im Gesundheitswesen erkennt man zunehmend ihre Vorzüge. Einen ersten Überblick über die nützlichen Geräte aus medizinischer Sicht gibt unser Blogartikel zu den Top 5 Healthcare-Wearable-Trends für 2022.

Innerhalb des Gesundheitswesens profitiert ein Anwendungsbereich besonders stark vom Einsatz medizinischer Wearables: Klinische Studien. Dort können die smarten Geräte z.B. Real-World-Data (RWD) sammeln, die eine objektivere und umfassendere Einschätzung des Gesundheitsstatus von Patient:innen ermöglichen als Fragebögen. Zudem binden sie die Teilnehmenden aktiver in den Studienverlauf ein und reduzieren die Notwendigkeit regelmäßiger Arztbesuche – eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Kein Wunder also, dass der weltweite Markt für Healthcare-Wearables bis 2026 auf 30,1 Milliarden US-Dollar ansteigen soll.

Doch wie werden medizinische Wearables überhaupt im Gesundheitswesen eingesetzt? Welche Voraussetzungen müssen die Geräte erfüllen und welche Chancen eröffnen sich daraus konkret für die Durchführung klinischer Studien? Diese Fragen beantwortet der folgende Beitrag.

Worum geht’s?

1. Medizinische Wearables – ein Gewinn für den Gesundheitssektor

2. Zunehmender Einsatz von KI-Datenanalyse in klinischen Studien

3. Herausforderungen bei der Nutzung medizinischer Wearables

1) Medizinische Wearables – ein Gewinn für den Gesundheitssektor

Bis März 2022 wurden laut ClinicalTrials.gov weltweit mehr als 1.550 Studien mithilfe von medizinischen Wearables durchgeführt, rund ein Drittel davon ist abgeschlossen. Je umfangreicher die zu sammelnden Daten sind, desto stärker können Studien von Wearables profitieren. Denn sie reduzieren Anzahl und Umfang von Reportings der Patient:innen ebenso wie von Untersuchungen. Darüber hinaus bieten sie die Möglichkeit, Langzeitüberwachungen durchzuführen, welche mit traditionellen medizinischen Mitteln ansonsten nicht durchführbar wären.

In den vergangenen Monaten fanden medizinische Wearables verstärkt in der Covid-19-Forschung Verwendung. Vor allem bei leicht übertragbaren Krankheiten reduzieren sie die Ansteckungsgefahr für Personal und Patient:innen durch das kontaktlose Monitoring. In Deutschland wird beispielsweise seit April 2020 die Corona-Datenspende-App verwendet. Sie nutzt die Sensoren von Fitnessarmbändern und Smartwatches, um Hinweise auf die Zahl der Erkrankten zu erhalten und Hotspots so schneller identifizieren zu können.

Doch auch in vielen anderen Krankheitsfeldern wie Asthma, Krebs, Diabetes oder psychischen Erkrankungen beweisen sich Wearables längst. Als sogenannte Eventrekorder lassen sich mit ihrer Hilfe z.B. Herzrhythmusstörungen aufzeichnen und Patient:innen auf Vorhofflimmern screenen. Im Rahmen des Projekts „WeSeniMuS“ (Wearable Sensors in Multiple Sclerosis) werden medizinische Wearables dagegen genutzt, um den Gesundheitszustand von an Multipler Sklerose erkrankten Patient:innen kontinuierlich zu überwachen.

Dabei sind diese Beispiele sind nur ein Ausschnitt der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. 

2) Zunehmender Einsatz von KI-Datenanalyse in klinischen Studien

Die Teilnahme von Patient:innen und klinische Datenerhebung sind entscheidende Faktoren für den Erfolg von Studien. Damit sich aus der Fülle an Rohdaten, die zunehmend durch Wearables gewonnen werden, allerdings Nutzen ziehen lässt, müssen sie ausgewertet und analysiert werden. Die größte Hürde dabei: Der technologische Fortschritt lässt die Menge und Komplexität der Daten exponentiell ansteigen. Im Gesundheitswesen wird daher bereits künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt, um große Datensätze auf bestimmte Muster hin zu untersuchen. Besonders nützlich ist das sogenannte Deep Learning: Eine Form des maschinellen Lernens, bei dem die KI selbstständig zunehmend komplexere Merkmale beobachtet und zueinander in Beziehung setzt.

Mithilfe von Deep Learning konnte z.B. ein tragbares Echtzeit-Warnsystem für Epilepsieanfälle konzipiert werden. Der Algorithmus identifiziert dabei individuelle Symptome, die einem Anfall vorausgehen, und kann Träger:innen von Wearables somit rechtzeitig warnen. Für Diabetespatient:innen wurde dagegen ein KI-basiertes System zur kontinuierlichen Glukoseüberwachung entwickelt, das bis zu 60 Minuten im Voraus auf Schwankungen des Blutzuckerspiegels hinweist.Doch nicht nur für das Monitoring von RWD und deren Auswertung ist der Einsatz von KI in klinischen Studien ein Gewinn. Auch der Rekrutierungs- und Bindungsprozess profitiert von KI-Tools basierend auf Deep Learning und linguistischer Datenverarbeitung (Natural Language Processing/NLP). Entsprechende Algorithmen können mithilfe der Daten z.B. passende Patient:innen für eine spezifische Studie identifizieren und eine Benachrichtigung an deren medizinische Wearables senden oder sie direkt dem Personal vorschlagen. Zudem lassen sich die Einhaltung von Kriterien überprüfen und vorausschauend Maßnahmen ergreifen, um Patient:innen zur gewissenhaften Teilnahme zu motivieren.

3) Herausforderungen bei der Nutzung medizinischer Wearables

Im Consumer- und Lifestyle-Segment werden bereits heute unzählige Wearables angeboten. Oft sind diese jedoch nicht als Medizinprodukte zertifiziert und sollten daher nicht ohne Weiteres für Anwendungen im Gesundheitswesen genutzt werden. Anforderungen an die Medizintechnik umfassen z.B. strenge Vorschriften für verwendete Materialien und hohe Sicherheits- sowie Datenschutzstandards. Dabei ist zu beachten, dass die Zertifizierung für den medizinischen Gebrauch stark von den lokalen Vorschriften unterschiedlicher Länder abhängt. In den USA zugelassene medizinische Wearables können deshalb nicht einfach in Deutschland für diagnostische oder therapeutische Zwecke verwendet werden.

Neben den technischen Voraussetzungen der Wearables stellt auch der Umgang mit den erhobenen Daten eine Herausforderung dar. Ethische und sicherheitsrelevante Fragen nach Eigentum, Schutz und Freigabe der hochsensiblen Informationen für bestimmte Zwecke müssen vorab geklärt werden. Dabei spielt auch die Cybersicherheit medizinischer Wearables eine Rolle: Wie lange werden Daten auf dem Gerät selbst oder einem verknüpften Smartphone gespeichert? Wie häufig und über welche Kanäle werden sie in die Cloud geladen? Wie gut sind die Datensätze verschlüsselt? Für jede Anwendung in klinischen Studien sind die Faktoren daher genauestens zu betrachten und einer Nutzen-Risiko-Abwägung zu unterziehen.

Playbook: 4 Vorteile von Wearables im Gesundheitswesen

Erfahren Sie mehr darüber, wie Patient:innen und die Gesundheitsbranche von Wearables profitieren können:

  • Verbesserte Patientenorientierung
  • Gesundheitsvorsorge mit Echtzeitdaten ?
  • Frühere Erkennung und verbesserte Diagnose
  • Ressourcen-, Kosten- und Zeiteinsparungen

Fazit: Medizinische Wearables eröffnen neue Chancen für klinische Studien

Noch steckt die Nutzung medizinischer Wearables in den Kinderschuhen. Die Zusammenarbeit von Technologieunternehmen und klinischen Forschungsinstituten ist derzeit gefordert, um die Herausforderungen beider Seiten zu meistern und die unterschiedlichen Ansprüche – in Bezug auf Materialauswahl, Robustheit und Messgenauigkeit ebenso wie auf Sensorintegration, Big Data und Cybersicherheit – zu vereinen.

Für klinische Studien verspricht diese Kollaboration ungeahnte Chancen: Vom Echtzeit-Monitoring von Krankheitssymptomen und der Reaktion auf Medikamentengaben bis hin zu KI-basierter Datenauswertung und Deep Learning scheint es unzählige Möglichkeiten zu geben. Diesen Trend belegten auch Kaiser Associates in einer Studie für Intel. So werden 2025 bis zu 70 Prozent aller klinischen Studien auf medizinische Wearables zurückgreifen. Ihr Einsatz soll Kosten reduzieren, die Datenqualität erhöhen und die Bearbeitungszeit bis zum vorliegenden Ergebnis maßgeblich verkürzen.

Auch Sie wollen in Ihrer nächsten Studie RWD mithilfe von Wearables generieren? Dann sprechen Sie uns an! Mit unserem Partner-Netzwerk unterstützen wir Sie gerne dabei.

Tereza | Senior Customer Success Manager

Tereza | Senior Customer Success Manager

Climedo

Als ehemalige Clinical Research Associate ist Tereza unsere Expertin für CROs und klinische Studien und sorgt dafür, dass unsere Kunden tagtäglich den bestmöglichen Support erhalten. In ihrer Freizeit geht sie gerne auf Fernreisen oder macht Pilates.

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