Studienarztumfrage: Status Quo der klinischen Forschung

Studienarztumfrage: Status Quo der klinischen Forschung

DATUM

11. März 2024

AUTOR

Benjamin Sauer | VP Engineering

Einleitung:

Im Herbst 2023 führten wir in Zusammenarbeit mit Siteworks Clinical Research eine Studienarztumfrage durch, um die Perspektive von Prüfärzt:innen auf klinische Studien besser zu verstehen und den aktuellen Stand der klinischen Forschung zu erfassen. Dieses Thema gewinnt angesichts der entscheidenden Rolle, die die Rekrutierung und Bindung von Studienärzt:innen für klinische Studiensponsoren spielt, zunehmend an Bedeutung. Insgesamt wurden 66 Studienärzt:innen aus einer Vielzahl therapeutischer Fachgebiete befragt, wobei der Großteil in Europa ansässig ist. Der Fragebogen umfasste 19 Fragen zu verschiedenen Themenbereichen, darunter:

1. Status Quo: Erfassung grundlegender Daten zu vorherigen Studienerfahrungen und den motivierenden Faktoren, die Ärzt:innen dazu veranlassen, als Prüfer:innen teilzunehmen

2. Motivation und Herausforderungen: Identifizierung von Hindernissen für die Studienteilnahme, Verständnis der erforderlichen Bemühungen sowie der Erwartungen von Ärzt:innen gegenüber Sponsoren und CROs

3. Digitale Technologien in Studien: Untersuchung der Nutzung verschiedener Tools in Studien, Bewertung der Wahrnehmung von Ärzten hinsichtlich ihres Potenzials und Aufdeckung der Technologien, die sie in ihren Alltag integrieren möchten

Studienarztumfrage: Einblicke in die Ergebnisse

Stammdaten

Insgesamt nahmen 66 Studienärzt:innen aus verschiedenen Fachbereichen an der Studienarztumfrage teil. Die größte Anzahl der Teilnehmenden war im Bereich der Inneren Medizin vertreten, gefolgt von Neurologie und Onkologie/Hämatologie. Knapp 80% der Befragten waren bereits an nicht-interventionellen Studien (NIS) beteiligt. Das Spektrum der Studienphase war vielfältig: 23% hatten bereits an Phase-I-Studien teilgenommen, 49% an Phase II, 68% an Phase III und 52% an Phase IV. Etwa 22% der Teilnehmenden waren in den letzten 24 Monaten an zwei Studien beteiligt, während 78% sogar an mehr als drei Studien teilnahmen. Im Durchschnitt betreuten Studienärzt:innen dabei einen Median von 70 Patient:innen über einen Zeitraum von 24 Monaten.

Studienarztumfrage: Status Quo der klinischen Forschung

Unsere Umfrage unter Studienärzten liefert interessante Einblicke in verschiedene Bereiche der klinischen Forschung, darunter:

  • Motivation und Hürden zur Studienteilnahme für Prüfärzt:innen
  • Erwartungen an Studiensponsoren und CROs
  • Offenheit der Befragten gegenüber digitalen Technologien in Studien

Status Quo und Herausforderungen

Die Umfrage ergab, dass die Erwartungen an die Aufwandsentschädigung je nach Studientyp variieren. Die Spanne reicht von durchschnittlich 200€ pro Stunde bei Phase 1-Studien bis hin zu 123€ bei Phase 4-Studien. 

Hinsichtlich der Motivationsfaktoren für die Teilnahme an Studien wurden primär die Förderung der Wissenschaft (80%), frühe Einblicke in neue Behandlungen (55%) und das wissenschaftliche Renommee (55%) genannt. Obwohl sich 80% der Befragten eine angemessene Aufwandsentschädigung von Sponsoren und Auftragsforschungsorganisationen (CROs) wünschen, stand die Drittmitteleinwerbung mit knapp 40% weniger stark im Vordergrund. Unter den “Sonstigen” Faktoren nannten Ärzt:innen unter anderem die Möglichkeit, Patient:innen mit neuen Therapien helfen zu können. Die größte Hürde bei der Studienteilnahme war der allgemein hohe Zeitaufwand (71%). Weitere Hindernisse waren die Rekrutierung und Bindung von Patient:innen (über 50%), Personalmangel (50%) und unzureichende digitale Ausstattung (30%). Auch bürokratischer und administrativer Aufwand wurden als zusätzliche Faktoren genannt.

Mehr als die Hälfte der Befragten (52%) unserer Studienarztumfrage empfand den Dokumentationsaufwand höher als erwartet, während bei knapp der Hälfte (46%) der Aufwand ihren Erwartungen entsprach. Lediglich 2% empfanden den Aufwand als niedriger als erwartet. In Bezug auf eine bessere Studiendurchführung wünschten sich die Befragten in erster Linie eine angemessene Vergütung (70%). Auch der Bedarf an verbesserten Tools (über 60%) wurde deutlich, wobei digitale Lösungen als besonders effizient angesehen wurden. Darüber hinaus wurden realistische Rekrutierungszeiten, mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung sowie eine verbesserte Kommunikation seitens der Sponsoren (ca. 40%) als wichtig erachtet. Zusätzliche Unterstützung bei Publikationen (ca. 40%) und die Möglichkeit zur Vernetzung mit anderen Ärzt:innen (ein Drittel) wurden ebenfalls genannt. Weitere Wünsche umfassten einfachere Lösungen, Back-ups und einheitliche Plattformen.

Digitale Technologien in Studien

Die Studienarztumfrage zeigt eine positive Bilanz bezüglich der Nutzung digitaler Technologien in klinischen Studien, da etwa 85% der Befragten bereits mindestens eine digitale Technologie in diesem Bereich nutzen. Am häufigsten wurden eCRF (“electronic Case Report Form”), ePRO (“electronic Patient-Reported Outcomes”) und ePA (elektronische Patientenakte) genannt, während Wearables, Dashboards und Telemedizin von etwa einem Viertel aller Beteiligten verwendet wurden. Diese Einschätzung spiegelt sich auch in den Potenzialen der einzelnen Tools wider, wobei eCRF, ePRO und ePA das insgesamt höchste Potenzial aufwiesen. Obwohl Wearables und Dashboards von einem Viertel der Befragten genutzt wurden, wurden sie am seltensten als Tools mit “hohem” Potenzial bewertet.

Interessanterweise zeigten sich über 80% der Befragten interessiert an einem Vergleich mit anderen Behandlungsbildern oder Ergebnissen. Durch die vergleichende Gegenüberstellung der therapeutischen Ergebnisse mit anderen Ärzt:innen können eigene Behandlungen besser kontextualisiert werden. Auch die Möglichkeit einer Verlaufskurve der relevanten Parameter pro Patient:in/Visite stieß auf hohe Zustimmung, wobei knapp 90% der Ärzte angaben, dass sie darin eine gute Übersicht der Daten bekommen könnten. Des Weiteren interessierte sich die große Mehrheit (94%) für eine Echtzeit-Datenaufbereitung während der laufenden Studie, abhängig von der Indikation oder auch unabhängig davon. Dies könnte die Attraktivität einer Studie für Ärzt:innen erhöhen. Ein Drittel der Befragten zeigte sich gegenüber digitalem Monitoring offen und würde diese Möglichkeit in Betracht ziehen, insbesondere aufgrund der Flexibilität und Zeitersparnis des Remote-Monitorings. Im Gegensatz dazu bevorzugte etwa zwei Drittel persönliche Treffen im Rahmen eines Vor-Ort-Termins, da für sie der persönliche Kontakt im Vordergrund steht.

Climedo Connect: Unlocking RWE’s Potential for HCP Engagement

In einem unserer vergangenen Webinare präsentierte Dr. Helene Vioix (Director Global Value Development Oncology, Merck) bewährte Praktiken, die verdeutlichen, wie der Einfluss von Real-World-Daten optimal genutzt werden kann, um Healthcare-Professionals (HCPs) und Key Thought Leaders (KTLs) bestmöglich einzubeziehen.

Abschließende Kommentare 

In den abschließenden Kommentaren wurde hervorgehoben, dass die kostenfreie Nutzung von eCRF/ePROMs erhebliche Arbeitsressourcen sparen könnte. Auch die detaillierte Einführung in technisches Equipment vor Ort wurde als wichtiger Schritt betont, um Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten. Trotz der bereits positiven Ansätze bleibt die Umsetzung klinischer Studien in die Praxis des Klinikalltags noch holprig. Allgemeine Unstimmigkeiten bezüglich des Bezahlvorgangs, bürokratische Hürden sowie Personal- und Zeitmangel erschweren es den Studienärzt:innen nach wie vor, die Durchführung von Studien nahtlos in ihren Alltag zu integrieren. Es besteht daher weiterhin Bedarf an Verbesserungen und Unterstützung, um den Übergang zu digitalen Lösungen und die effektive Implementierung in die klinische Praxis zu erleichtern.

Fazit

Vielen Dank an alle Teilnehmenden für Ihre Zeit und Mühe – ohne Sie wäre unsere Studienarztumfrage nicht möglich gewesen. Ein großer Dank geht auch an Siteworks für ihre wertvolle Unterstützung während des gesamten Prozesses. Die vollständigen Ergebnisse stehen hier kostenfrei zur Verfügung. Wir planen, in Zuknuft eine weitere Umfrage zum Thema “Status Quo in der klinischen Forschung” durchzuführen. Dabei werden wir die Gruppe der Befragten auf alle Studienbeteiligten erweitern. Wir freuen uns darauf, noch mehr wertvolle Einblicke in die Branche zu erhalten.

Wenn Sie mehr über die interaktiven Dashboards von Climedo erfahren möchten oder Tipps dazu wünschen, wie man Key Opinion Leaders (KOLs) besser in Studien einbinden kann, zögern Sie nicht, eine kostenfreie Demo zu vereinbaren. Wir stehen Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Benjamin Sauer | VP Engineering

Benjamin Sauer | VP Engineering

VP Engineering mit der Mission, möglichst intelligente und benutzerfreundliche Software zu entwickeln, die den Alltag vereinfacht. Außerhalb der Arbeit Kampfsportler, Cineast, Rennradfahrer und Pflanzenliebhaber.

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