Wie verbessert Telemedizin die Gastroenterologie?
DATUM
12. August 2022
AUTOR
Benjamin Sauer | VP Engineering
Wer abseits größerer Städte eine gastroenterologische Behandlung benötigt, muss sich auf lange Anfahrtswege und noch längere Wartezeiten einstellen. Denn die gastroenterologische Versorgung ist besonders in ländlichen Regionen mangelhaft. Dabei gibt es eine Möglichkeit, mit der sich die medizinische Versorgung ausweiten und zugleich Kosten einsparen lassen: Die Telemedizin. Während der Covid-19-Pandemie hat sich diese bereits in vielen Bereichen bewährt. Auch zukünftig bietet sie die Chance, den wachsenden Herausforderungen im Gesundheitswesen gerecht zu werden.
Doch was ist Telemedizin überhaupt? Man versteht darunter den Austausch medizinischer Informationen mittels elektronischer Kommunikation – darunter fallen E-Mails, Videoanrufe und Smartphones, aber auch medizinische Wearables und ePRO – mit dem Ziel, den Gesundheitszustand der Patient:innen zu verbessern. Eine Studie in den USA hat ergeben, dass das Konzept aufgrund der Flexibilität von Patient:innen gut angenommen wird: Obwohl nur 8% der Befragten bereits Erfahrung damit haben, gaben 66% an, Telemedizin ausprobieren zu wollen. Dennoch nutzen sie bislang nur etwa 7-9% der Gastroenterolog:innen und weisen damit den zweitniedrigsten Prozentsatz aller Fachgebiete der Inneren Medizin auf.
Da allerdings verhältnismäßig viele Magen-Darm-Erkrankungen einen chronischen Verlauf entwickeln und in der Folge eine Langzeitbetreuung erfordern, profitiert die Gastroenterologie besonders von telemedizinischen Angeboten. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen, wie Telemedizin die gastroenterologische Versorgung nachhaltig verbessern kann.
Diese Vorteile bietet Telemedizin in der Gastroenterologie:
1) Kosteneinsparungen
2) Optimiertes Zeitmanagement
3) Engerer Austausch zwischen Ärzt:innen
4) Bessere Patientenbindung
1) Kosteneinsparungen
Persönliche Termine bei Fachärzt:innen kosten Geld – und zwar umso mehr, je weiter Patient:innen von ihrer gastroenterologischen Praxis entfernt wohnen. Da in ländlichen Regionen nicht nur die ärztliche Versorgungsdichte abnimmt, sondern auch die Anbindung an das öffentliche Verkehrswesen schlechter ausfällt, kommen auf die Patient:innen dort besonders lange Fahrtstrecken und hohe Fahrtkosten zu. Je nach Job können auch Fehlzeiten am Arbeitsplatz finanziell ins Gewicht fallen, z.B. bei einer Vergütung auf Stundenbasis.
Vor allem bei chronischen Magen-Darm-Erkrankungen, die langfristig regelmäßige Arztbesuche erfordern, verspricht Telemedizin daher eine finanzielle Erleichterung. Wird ein Teil der Präsenztermine z.B. durch Videokonferenzen ersetzt, sind insgesamt weniger Fahrtwege und somit kürzere Arbeitsausfälle und unter Umständen auch weniger Betreuungszeit der Kinder durch Dritte erforderlich.
Doch auch für Gesundheitsdienstleister kann Telemedizin finanzielle Vorteile mit sich bringen. Ihr Einsatz reduziert die Wahrscheinlichkeit von Medikamentenmissbrauch, die Anzahl unnötiger Besuche in der Notaufnahme und die durchschnittliche Länge von Krankenhausaufenthalten. Alle drei Faktoren tragen dazu bei, das Gesundheitssystem langfristig zu entlasten. Auch für Praxen und Kliniken fallen insgesamt geringere Kosten pro Patient:in an, wenn weniger Personen vor Ort betreut werden. Zudem verringert sich die Notwendigkeit kurzfristiger Patientenbesuche. Stattdessen finden mehr reguläre Online-Kontrolltermine statt, was das Personalmanagement erleichtert.
2) Optimiertes Zeitmanagement
Der Fahrtweg zur gastroenterologischen Praxis nimmt Zeit in Anspruch. Aufgrund der allgemein niedrigen Betreuungsdichte durch Gastroenterolog:innen ist in Städten eine einfache Anfahrtszeit von mehr als einer Stunde, im ländlichen Raum sogar von mehr als zwei Stunden keine Seltenheit. Ein Vor-Ort-Termin bestimmt somit den gesamten Tagesablauf der Patient:innen und Angehörigen wie z.B. Eltern erkrankter Kinder. Dies erfordert ein aufwändiges Zeitmanagement, das oftmals schon vor dem eigentlichen Tag des Termins beginnt.
Dabei kann Telemedizin gerade bei chronischen Erkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom, entzündlichen Darmerkrankungen oder Zöliakie nachweislich eine Verbesserung der Symptome erzielen, ohne die Patient:innen dem zusätzlichen Stress durch eine lange Anfahrt oder verpasste Arbeitszeit auszusetzen. Telemedizin bietet Patient:innen die Möglichkeit, ihren Alltag effizienter zu gestalten, Angehörige zu entlasten und so ihr Wohlbefinden zu steigern – was sich wiederum positiv auf die Symptome der Erkrankungen auswirken kann.
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3) Engerer Austausch zwischen Ärzt:innen
Erste Ansprechpersonen und verantwortlich für die kontinuierliche Betreuung von Erkrankten sind in der Regel Hausärzt:innen. Vor allem im ländlichen, aber auch im städtischen Raum berichten Allgemeinärzt:innen allerdings von erheblichen Hürden bei der Kommunikation mit Spezialist:innen. Telemedizin bietet hierbei Möglichkeiten, den professionellen Draht zwischen Ärzt:innen unterschiedlicher Fachrichtungen und somit die Betreuung von Patient:innen durch ihre Hausärzt:innen insgesamt zu verbessern.
Dabei gilt: Wenn Mediziner:innen ihre Behandlung abstimmen und sich eng austauschen, profitieren alle Beteiligten. So kennen Allgemeinmediziner:innen ihre Patient:innen gut und geben den Gastroenterolog:innen Einblick in die medizinische Vorgeschichte sowie psychosoziale und kulturelle Faktoren aus dem Umfeld der Erkrankten. Die Fachärzt:innen bringen wiederum fundierte Kenntnisse über die spezifische Erkrankungen und entsprechende Ressourcen mit. Durch den Wissens- und Erfahrungsaustausch können sich Mediziner:innen auf fachlicher Ebene weiterentwickeln, während die Patient:innen eine optimal auf ihre Bedürfnisse und die Eigenheiten ihres Krankheitsverlaufs abgestimmte Therapie erhalten.
4) Bessere Patientenbindung
Finanzielle Einsparungen, weniger Zeitaufwand und eine bessere Betreuung – all diese Vorteile der Telemedizin beeinflussen die Zufriedenheit und somit auch das Engagement der Patient:innen. So reduzieren alle drei Aspekte die psychischen Belastungen, denen sich Patient:innen etwa durch einen fortlaufenden Kosten- oder Zeitaufwand ausgesetzt sehen. Zudem liegt der Schwerpunkt der Telemedizin in der Gastroenterologie, besonders bei chronischen Magen-Darm-Erkrankungen, oftmals auf psychologischer Betreuung und Disease-Management-Programmen, die Patient:innen beim Umgang mit ihrer Krankheit unterstützen.
Bei Reizdarmsyndrom, entzündlichen Darmerkrankungen sowie Zöliakie kann eine ergänzende telemedizinische Versorgung nachweislich die Darmsymptome verringern und wird in Studien mit einer Verbesserung der Lebensqualität in Verbindung gebracht. Diese hielt bis zu einer Nachbeobachtungszeit von zwölf Monaten an. Durch die engere gastroenterologische Betreuung können Patient:innen ihre Bedürfnisse ungeachtet räumlicher Distanzen besser äußern und erhalten so eine aktivere Rolle bei der Behandlung ihrer Krankheit. In diesem Kontext zeigten weitere Studien, dass sich eHealth-Disease-Management im Allgemeinen positiv auf die Lebensqualität, die Therapietreue und das erlangte Wissen über die Erkrankung auswirkt.
Fazit: Telemedizin in der Gastroenterologie schont Ressourcen und verbessert medizinische Dienstleistungen
Telemedizin bringt viele Vorteile mit sich, die die gastroenterologische Versorgung aufwerten. Vor allem Patient:innen in ländlichen Regionen haben aufgrund der relativ schlechten Betreuungsdichte in der Gastroenterologie mit erhöhtem Kosten- und Zeitaufwand zu kämpfen. Außerdem bemängeln Hausärzt:innen die Erreichbarkeit von Gastroenterolog:innen über herkömmliche Kommunikationswege. Telemedizinische Ansätze reduzieren nicht nur die Notwendigkeit aufwändiger Arztbesuche, sondern erleichtern auch die Kommunikation zwischen Ärzt:innen.
Das in mehreren Studien beobachtete positive Feedback zu telemedizinischen Angeboten zeigt, dass eine gute Patientenversorgung nicht immer ausschließlich persönlich und vor Ort erfolgen muss. Dabei soll Telemedizin die traditionelle Behandlung keinesfalls ersetzen, sondern sinnvoll ergänzen. So kann sie die Qualität der medizinischen Versorgung rundum verbessern und zugleich die Kosten für Patient:innen, Gesundheitsdienstleister und das Gesundheitssystem insgesamt reduzieren. Telemedizin bietet viel Potenzial, um das Management von chronischen gastroenterologischen Erkrankungen zu optimieren. Damit sowohl Patient:innen als auch Ärzt:innen flächendeckend von der Telemedizin profitieren können, muss sich das Konzept in der Gastroenterologie zunächst mehrverbreiten. Dafür sind weitere Studien nötig, die die bereits nachgewiesene Wirksamkeit eingehender untersuchen – hier sind Sie an der Reihe. Möchten Sie dazu beitragen, in der Gastroenterologie Ressourcen zu schonen und das Gesundheitswesen nachhaltig zu verbessern? Mit unseren eCOA- und ePRO-Lösungen bieten wir Ihnen die richtigen Tools, um hochwertige klinische Daten kosten- und zeiteffizient zu erheben. Sprechen Sie uns an oder vereinbaren Sie eine unverbindliche Software-Demo. Wir helfen Ihnen gerne bei der Durchführung Ihrer klinischen Studie.