Ist mein Produkt ein Medizinprodukt? So finden Sie’s raus
DATUM
08. Juli 2020
AUTOR
Sascha | Co-Founder & CEO
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Der Gesundheitssektor erlebt eine beispiellose Welle technologischer Innovationen. Laut Gartner Market Insights wird der IT-Markt im Gesundheitswesen bis 2025 voraussichtlich einen Wert von 441,8 Mrd. US-Dollar erreichen. Angesichts der zahlreichen disruptiven Geräte und Anwendungen, die auf den Markt kommen, kann es schwierig sein zu wissen, welche Produkte als medizinische Geräte betrachtet werden sollten und welche nicht.
Innerhalb Europas können selbst etablierte Medizinproduktehersteller dies verwirrend finden, doch für neue Marktteilnehmer kann es noch schwieriger sein, vor allem, wenn sie sich noch nie zuvor mit einer medizinischen Verordnung befassen mussten. Wie können Unternehmen also herausfinden, ob ihr Produkt als Medizinprodukt, Kosmetikprodukt, Pharmazeutikum, eine Kombination oder keines der oben genannten reguliert ist? Wir hoffen, im Folgenden ein wenig Klarheit in diese Angelegenheit zu bringen.
Gründlich recherchieren
Für die meisten Unternehmen ist die Entscheidung relativ einfach. Dennoch können bestimmte Produkte Verwirrung stiften, und was wie ein gewöhnliches Gerät aussieht, gilt nach europäischem Recht tatsächlich als Medizinprodukt oder als Arzneimittel, je nachdem, wie genau es verwendet wird. Eine falsche Entscheidung in dieser Angelegenheit kann teure Folgen haben, weshalb sich Unternehmen die Zeit nehmen sollten, alle entscheidenden Faktoren und Kriterien zu erforschen und zu verstehen, bevor sie ein Produkt auf den Markt bringen.
Anhang 9 der MDD
In der Europäischen Union (EU) wird die Klassifikation anhand einer Reihe von Regeln festgelegt. Diese finden sich in Anhang 9 der MDD (Medical Devices Directive), die ab Mai 2021 durch die EU-MDR ersetzt wird. Die Antworten der Hersteller auf diese Fragen bestimmen die Klassifizierung ihrer Geräte und Produkte. Die Klassifizierung wird von mehreren Faktoren bestimmt:
Für welche Zeitspanne ein Gerät mit einem Patienten in Kontakt ist, d.h:
- Für weniger als 60 Minuten
- Kontinuierlich, aber für weniger als 30 Tage
- Langfristig, mehr als 30 Tage
Der Grad der Invasivität, d.h:
- Ob das Gerät durch eine natürliche Körperöffnung oder die Haut eindringt
- Ob es chirurgisch invasiv oder implantierbar ist
Die aktive Natur des Geräts, d.h:
- Ob sie von einer elektrischen Energiequelle oder einer anderen Energiequelle als der des menschlichen Körpers oder der Schwerkraft abhängt, die durch Umwandlung dieser Energie wirkt
Indikationen für die Anwendung, d.h.
- Ob es das zentrale Nervensystem oder das Kreislaufsystem berührt
Alle in Anhang 9 aufgeführten Regeln dienen dazu, den inhärenten Risikograd eines Produkts zu bestimmen. Das Risiko hängt aber auch von der Person ab, die das Produkt verwenden soll (d.h. eine medizinische Fachkraft, ein Patient oder eine andere Person), von seiner Funktionsweise, von der Ausgereiftheit seiner Technologie und vom Markt, auf den es gebracht wird. Trotz der anfänglichen Einstufung eines Geräts, die vom Hersteller oder seiner Benannten Stelle bestätigt wurde, sind Gesundheitsministerien berechtigt, ein bestimmtes Produkt oder Gerät höher einzustufen, wenn sie die Technologie als relativ neu auf dem Markt betrachten und glauben, dass sie somit ein Risiko für die Anwender darstellen könnte.
Neue Technologien
Bei neuen Technologien kann es schwierig sein zu wissen, ob sie als medizinisches Gerät behandelt werden sollten oder nicht. Beispielsweise wird eine Smart- oder Fitnessuhr in der Regel nicht speziell für den medizinischen Gebrauch entwickelt, da sie für den Endbenutzer eine Vielzahl anderer Zwecke dienen kann. Einige Uhren können jedoch eine Technologie enthalten, die herzbedingte Anomalien erkennen kann, was wiederum bedeuten würde, dass bestimmte Vorschriften für medizinische Geräte berücksichtigt werden müssen.
Geografische Erwägungen für Medizinprodukte
Ob ein Produkt als Medizinprodukt eingestuft wird, hängt auch stark von der Region und den jeweiligen lokalen Vorschriften ab. So kann ein Gerät in den USA als Medizinprodukt eingestuft werden, in der EU jedoch nicht, oder umgekehrt. Für Hersteller, die Produkte auf dem globalen Markt verkaufen wollen, ist es daher von entscheidender Bedeutung, sich mit Experten in Verbindung zu setzen, die mit den lokalen Regeln und Vorschriften vertraut sind und ein gründliches Verständnis des lokalen Medtech-, Pharma- und Kosmetiksektors haben.
Darüber hinaus wurde bisher davon ausgegangen, dass Medizinprodukte innerhalb der EU leichter auf den Markt gebracht werden können, solange sie wie vorgesehen funktionieren und wahrscheinlich sicher sind. In der Vergangenheit waren Fragen der Nichtkonformität eher eine Frage der Notifizierung als der Vorabgenehmigung. Die allgemeine Überzeugung war daher, dass es schneller und einfacher ist, ein Produkt in der EU auf den Markt zu bringen als in den USA. Unter der EU-MDR hat sich dies jedoch geändert, und die Leichtigkeit des Einstiegs in die EU ist nicht mehr unbedingt der Fall.
Was sagt die EU MDR zur Definition von Medizinprodukten?
Laut EU MDR 2017/745 gelten alle Vorrichtungen, Instrumente, Software, Apparate, Geräte, Implantate, Reagenzien, Materialien oder andere Gegenstände, die dazu bestimmt sind, am Menschen für einen der folgenden spezifischen medizinischen Zwecke verwendet zu werden, als Medizinprodukte:
- Die Diagnose, Vorbeugung, Überwachung, Vorhersage, Prognose, Behandlung oder Linderung einer Krankheit.
- Die Diagnose, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensation einer Verletzung oder einer Behinderung.
- Die Untersuchung, der Ersatz oder die Veränderung der Anatomie oder eines physiologischen oder pathologischen Prozesses oder Zustands.
- Die Bereitstellung von Informationen durch In-Vitro-Untersuchungen von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben, einschließlich Organ-, Blut- und Gewebespenden.
- Erreicht seine Hauptwirkung nicht durch pharmakologische, immunologische oder metabolische Mittel, kann jedoch durch solche Mittel in seiner Funktion unterstützt werden →. Die primäre Zweckbestimmung sollte nicht diese sein, kann aber dadurch unterstützt werden.
- Produkte, die die Konzeption unterstützen oder kontrollieren, und Produkte, die speziell für die Reinigung, Desinfektion oder Sterilisation von Produkten bestimmt sind, gelten ebenfalls als Medizinprodukte.
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Hersteller sollten auch beachten, dass ein Medizinprodukt oft in Kombination mit Zubehör und nicht unbedingt in Isolation verwendet wird. Nach dem MDR-Gesetz gilt solches Zubehör auch als Medizinprodukt. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, ein Medizinprodukt nicht allein zu beurteilen, sondern auch begleitendes Zubehör im Hinblick auf seine Klassifizierung zu bewerten. Anhang I listet alle Elemente auf, die überprüft werden müssen.
Wichtige Fragen zu Ihrem (Medizin)produkt oder -gerät
1) Was ist die Zweckbestimmung des Produkts?
Das erste Kriterium, das berücksichtigt werden sollte, ist die Zweckverwendung eines Medizinprodukts. Dies definiert so ziemlich alles, was sich vorwärts bewegt. Geräte oder Produkte können völlig anders sein, wenn ihr Verwendungszweck nicht der eines Medizinprodukts ist. Nehmen wir als Beispiel an, ein Gerätehersteller bringt ein bestimmtes Instrument auf den Markt, aber in der Gebrauchsanweisung steht, dass das Instrument nur in einer Laborumgebung und an nicht lebenden Organismen verwendet werden darf. In diesem Fall ist es nicht die Absicht des Herstellers, ein Medizinprodukt zu verkaufen, sondern ein Laborprodukt. In der Zwischenzeit verkauft möglicherweise ein anderer Hersteller genau dasselbe Instrument, behauptet aber in der Gebrauchsanweisung, dass es zur Verwendung am menschlichen Körper bei einem chirurgischen Eingriff bestimmt ist. Damit wäre es eindeutig ein Medizinprodukt und würde unter anderem dem MDR-Recht der EU unterliegen. In diesem Fall haben wir genau dasselbe Produkt, aber zwei sehr unterschiedliche Verwendungszwecke. Aus diesem Grund ist es äußerst wichtig, den Verwendungszweck bereits in einem frühen Stadium des Produktlebenszyklus zu berücksichtigen und zu definieren.
2) Fällt es unter die Produkte des Anhangs XVI (für ästhetische oder nicht-medizinische Zwecke)?
Anhang XVI der EU-MDR befasst sich mit einer Liste von Produkten, die einen ästhetischen oder anderen nicht-medizinischen Zweck haben, aber hinsichtlich ihrer Funktionalität und/oder ihres Risikos Medizinprodukten ähnlich sind. Hier sind sechs Hauptproduktgruppen aufgeführt:
a) Augenprodukte
Die erste Art von Produkten umfasst Augenprodukte, die zu ästhetischen Zwecken in oder auf das Auge gebracht werden sollen, z.B. farbige Kontaktlinsen, die die Augenfarbe einer Person ohne medizinischen Zweck verändern. Bisher galten solche Linsen nicht als Medizinprodukte, aber nach dem MDR-Recht der EU werden sie es sein.
b) Produkte, die in den Körper eingeführt werden
Eine andere Gruppe umfasst Produkte, die dazu bestimmt sind, auf chirurgisch-invasivem Wege in den menschlichen Körper eingeführt zu werden und die die Anatomie oder Fixierung des Körpers verändern, z.B. Hornimplantate. Nicht dazu gehören Tätowierungen oder Piercings.
c) Füller
Die nächste Gruppe umfasst Fältchen-, Gesäß- oder Hyaluronsäure-Füllstoffe, die als ästhetische Produkte ohne eigentlichen medizinischen Zweck eingesetzt werden.
d) Produkte, die menschliches Gewebe verändern
Auch Geräte zur Fettabsaugung oder “Body sculpting” (z.B. mit der Absicht, Fettgewebe zu reduzieren, zu entfernen oder zu zerstören) gelten inzwischen als Medizinprodukte.
e) Licht- oder Strahlungsprodukte
Hierbei handelt es sich um neue Arten von Produkten, bei denen hochintensives elektromagnetisches Licht zur Wiederherstellung der menschlichen Haut oder zur Entfernung von Haaren oder Tätowierungen auf der Haut verwendet wird. Ein Beispiel wären Maschinen mit intensivem gepulstem Licht (IPL).
f) Stimulation des Gehirns
Schließlich gelten nun auch Geräte, die das menschliche Gehirn stimulieren sollen, als Medizinprodukte im Sinne des MDR-Gesetzes der EU. Diese Produkte werden verwendet, um magnetische oder elektrische Ströme im Gehirn zu erzeugen, um das Gehirn zu stimulieren oder Informationen zu erhalten. Ein Beispiel hierfür ist die transkranielle, nicht chirurgisch-invasive Stimulation.
Diese “Newcomer” müssen in Zukunft auch die neuen EU-MDR-Anforderungen erfüllen, was eine Herausforderung darstellt, da sie bisher keinerlei medizinische Vorschriften befolgen mussten. Daher ist es für sie von entscheidender Bedeutung, die Anforderungen zu verstehen, z.B. die Erfassung klinischer Daten im Rahmen der Überwachung nach dem Inverkehrbringen und der klinischen Nachsorge nach dem Inverkehrbringen, die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems für jedes Produkt oder die Durchführung von Audits für die Zertifizierung. Wenn sie die europäischen regulatorischen Anforderungen nicht erfüllen, werden sie ihre Produkte nicht innerhalb der EU verkaufen können.
3) Wird es als “exotisches” oder “Borderline” Produkt betrachtet?
Bei Produkten, die als “grenzwertiges” Medizinprodukt, als pharmazeutisches, kosmetisches oder biologisches Produkt betrachtet werden, kann es schwierig sein, zu bestimmen, ob sie als Medizinprodukt eingestuft werden müssen. Die EU hat daher einen Leitfaden für Borderline-Produkte erstellt, das regelmäßig aktualisiert wird. Es hilft den Herstellern bei der Festlegung der Klassifizierung ihrer Produkte. In einem Auszug aus dem Handbuch heißt es:
“Als Borderline-Fälle gelten jene Fälle, in denen nicht von vornherein klar ist, ob es sich bei einem bestimmten Produkt um ein Medizinprodukt, ein In-vitro-Diagnostikum, ein aktives implantierbares medizinisches Gerät handelt oder nicht. Oder alternativ dazu sind Grenzfälle diejenigen Fälle, in denen das Produkt unter die Definition eines Medizinprodukts fällt, aber von den Richtlinien durch deren Anwendungsbereich ausgeschlossen ist. Wenn ein bestimmtes Produkt nicht unter die Definition eines Medizinprodukts fällt oder durch den Geltungsbereich der Richtlinien ausgeschlossen ist, können andere gemeinschaftliche und/oder nationale Rechtsvorschriften anwendbar sein”.
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4) Handelt es sich um eine Software?
Schließlich enthält die EU-MDR Definitionen, Klassifikationen, Regeln und Verfahrensanforderungen für Software für medizinische Geräte. Dies betrifft jede Software, die derzeit als Medizinprodukt der Klasse I reguliert wird. Artikel 2 der EU-MDR besagt, dass Software als “aktives Gerät” betrachtet wird, wobei “aktives Gerät” jedes Gerät bezeichnet, dessen Betrieb von einer anderen Energiequelle als der durch den menschlichen Körper oder die Schwerkraft erzeugten abhängt und das durch Änderung der Dichte oder Umwandlung dieser Energie wirkt. Laut EU-MDR gilt Software an sich als Medizinprodukt, wenn sie für einen oder mehrere medizinische Zwecke verwendet werden soll. Software für allgemeine Zwecke hingegen, auch wenn sie im Gesundheitswesen eingesetzt wird, oder Software, die für die Lebensführung oder das Wohlbefinden bestimmt ist, gilt nicht als Medizinprodukt. Beispielsweise führt eine Anwendung, die es Benutzern erlaubt, Bilder von Hautzuständen zu machen und die Bilder zu speichern, um sie einem Arzt zu zeigen, keine andere Aktion mit Daten als die Speicherung durch. Daher würde dies nicht als medizinisches Gerät eingestuft werden.
Regel 11 der EU-MDR
Die neue Klassifizierungsregel (Regel 11) der MDR bezieht sich speziell auf Software und hat schwerwiegende Auswirkungen auf Software. Die EK-Med (Expertenaustauschgruppe bestehend aus Benannten Stellen) sieht eine strengere Klassifizierung von Software vor, insbesondere von Anwendungen, und die Europäische Kommission erwägt sogar, diese Regel ganz zu überdenken. Erstens betrifft die Regel 11 eigenständige Software, die ein medizinisches Gerät ist. Wenn die Software diagnostischen oder therapeutischen Zwecken dient, fällt sie unter Regel 11.
Gemäß Regel 11 der EU-MDR wird Software, die dazu bestimmt ist, Informationen zur Verfügung zu stellen, die wiederum genutzt werden (sollen/dürfen), um Entscheidungen mit Bezug zu Diagnosen oder Behandlungen zu treffen, in die Klasse IIa fällt, es sei denn sie könnte direkt oder indirekt verursachen:
- den Tod oder irreversible schwere Gesundheitsstörungen: dann fällt sie in Klasse III
- eine ernste Gesundheitsstörung oder eine Operation: dann fällt sie in Klasse IIb.
Software, die dazu gedacht ist, physiologische Prozesse zu überwachen, fällt in Klasse IIa, es sein denn, dass Veränderungen von Vitalparametern zur unmittelbaren Gefahr für den Patienten werden können. Dann ist die Software in Klasse IIb einzuordnen.
Jede andere Software fällt in Klasse I.
Playbook: Wie die EU-MDR die MedTech-Branche prägen wird
Beispielsweise führt eine Anwendung, mit der Nutzer Bilder von Hautkrankheiten (wie etwa Muttermale) machen und abspeichern können, um sie einem Arzt zu zeigen, keine andere Aktion in Bezug auf die Daten als die Speicherung durch, obwohl man behaupten könnte, dass ein Leberfleck krebserregend sein und somit Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Patienten haben könnte. Dennoch würde dies nicht als medizinisches Gerät eingestuft werden.
Die MDCG (Medical Device Coordination Group) hat dazu eine Richtlinie erstellt, die zwei Achsen betrachtet: In welchem kritischen Zustand befindet sich der Patient und für welche Art von Entscheidung wird die Software eingesetzt?
Als Faustregel gilt: Software ist ein Medizinprodukt, wenn sie:
- In einer Leitlinie explizit genannt wird
- Ein medizinisches Gerät steuert oder beeinflusst
- Für “post-processing” (z.B. für ein EKG) oder Datenaufbereitung dient
- Ausgangssignale oder Ausgangsgrößen berechnet
- Zur Unterstützung von Diagnose- oder Therapieunterstützung dient
- Zur objektiven Diagnose oder Behandlung dient.
Andererseits ist Software kein Medizinprodukt, wenn sie:
- Für administrative Zwecke verwendet wird (z.B. zur Verwaltung von Patientendaten)
- Zum Zweck der Ausbildung von Ärzten verwendet wird (z.B. Schulungssoftware mit medizinischem Fachwissen)
- Zum Zwecke der generellen Wartung von Medizinprodukten oder deren Komponenten genutzt wird
- für Entwicklungs- oder Produktions-Tools eingesetzt wir (diese müssen jedoch validiert werden)
- Repräsentiert ein proprietäres Betriebssystem (z.B. WIN 10)
Welcher Abschnitt der EU-MDR gilt für Ihre Software?
Stellen Sie sich zunächst die Frage, ob Ihre Software ein Produkt oder dessen Nutzung steuert oder beeinflusst. Wenn die Antwort “nein” lautet und die Software unabhängig von anderen Produkten ist, wird sie als Standalone-Produkt klassifiziert und Sie müssen sich auf die Klassifizierungsregeln in MDR Anhang VIII, Kapitel III, Regel 11 beziehen.
Wenn Ihre Software ein Produkt steuert oder seine Verwendung beeinflusst, dann hat die Software dieselbe Klassifizierung wie das Produkt selber (z.B. hat eine Anwendung zur Insulinberechnung dieselbe Klassifizierung wie eine Insulinpumpe). In diesem Fall müssen Sie sich auf die Durchführungsbestimmungen in MDR Anhang XIII, Kapitel II beziehen.
Wenn es spezifische Änderungen gibt, die sich auf Ihre Software auswirken können, werden diese in der MDCG-Anleitung zu Software definiert. Wenn sich das Betriebssystem der Software ändert, müssen Sie der EU-MDR bzw. IVDR befolgen. Die MDD gilt für Sie nur so lange, wie es keine wesentlichen Änderungen gibt. Es ist daher empfehlenswert, die neue Übergangsfrist bis Mai 2021 zu nutzen, um alle Geräte auf den Markt zu bringen. Aber gehen Sie nicht davon aus, dass diese noch bis 2024 gültig sind. Es ist besser, sich jetzt vorzubereiten und eine Benannte Stelle zu finden, die dieses Bewertungsverfahren jetzt durchläuft.
Zudem zählen digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) der Klassen I und IIa zur Software-Kategorie von Medizinprodukten. Unklar ist nur, was mit Software passiert, die unter der EU-MDR hochklassifiziert wird.
Fazit
In diesem Beitrag haben wir uns mit der Situation innerhalb der EU befasst. Diese kann in anderen Regionen wie den USA oder Asien natürlich sehr unterschiedlich sein. Als Faustregel gilt jedoch, dass Unternehmen innerhalb der EU immer zuerst die Zweckbestimmung eines Gerätes betrachten und prüfen sollten, um zu sehen, ob es der Definition eines Medizinproduktes entspricht. Dies gilt natürlich auch für Zubehör. Als nächsten Schritt sollten die Hersteller Anhang XVI der EU-MDR überprüfen und schauen, ob ihr Produkt einer dieser Definitionen entspricht. Dies gilt für neue medizinische Geräte ohne strenge medizinische Zweckbestimmung. Etwas, das für die EU neu ist. Und schließlich können Sie, falls Sie sich immer noch verirrt haben, das Handbuch für Borderline-Produkte verwenden, um zu definieren, ob einige der Produkte Medizinprodukte sind oder nicht.
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